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Bedeutung der Rolande

Der Roland ist ein Paradebeispiel für die europäische Integration. (Alfred Hartenbach)
Rolanddarstellungen sind keine deutsche Erfindung sondern eine europäische Erscheinung. Wir können heute davon ausgehen, dass die hauptsächlich in Mittel- und Norddeutschland verbreiteten Rolandstandbilder in der Zeit nach 1300 nach französischen Vorbildern entstanden sind, und zwar in Verehrung Rolands, des Befehlshabers Kaiser Karls des Großen (regierte 768 bis 814). Roland ist eine historisch nachgewiesene Persönlichkeit – im Gegensatz etwa zu dem in Dortmund verehrten Schutzpatron Reinoldus. Er kam bei Nachhutkämpfen gegen die Mauren im Jahre 778 in den Pyrenäen ums Leben und sicher haben in späterer Zeit die Pilger zum Grab des Apostels Jacobus in Santiago de Compostela Nachricht auch von Roland zu uns mitgebracht. Denn drei der vier südfranzösischen Jacobswege führen über das angebliche Grab von Roland in Roncesvalles in den Pyrenäen. Roland wurde in der mündlichen und schriftlichen Heldenüberlieferung (Rolandsage, Rolandslied, später altfranzösisches Heldenepos) zur zentralen Figur für Gerechtigkeit, Treue und Geradlinigkeit.

Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts sind in Nord- und Mitteldeutschland Rolande als meist überlebensgroße Standbilder aus Holz und Stein auch zumeist auf den Marktplätzen vieler Orte nachweisbar. Bildliche Vorbilder sind Rolanddarstellungen aus früherer Zeit an den Kapitellen von Conques, Angoulême, Verona (um 1139), Notre-Dame-de-la Règle zu Limoges (12. Jh.) usw. Damit ist der ikonografische Ursprung unserer Rolandstandbilder geklärt. Aber die Bedeutung – Roland als Sagenheld, Roland als Heiliger – wurde aus Italien und Frankreich nicht mit übernommen. Zwar zählen Rolande zu den bekanntesten Rechtssymbolen. Aber die rechtliche Bedeutung der Rolandstandbilder insbesondere seit ihrer Entstehung im 14. Jahrhundert ist seit über 350 Jahren ungeklärt. Seit 1404 gelten die Rolande nachweislich als Rechtssymbole. Es folgen weitere Rolanderrichtungen im 15./16. Jh. mit der Bremer Auffassung vom Roland als Freiheitssymbol mit Bezug zum Reich. Bemerkenswert ist die Häufung der Rolanden in den heutigen Ländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen. Dort wurde der Roland als Symbolfigur für städtische Freiheiten, für Marktrechte und städtische Gerichtsbarkeit angesehen. Daher ist es naheliegend, dass sich Rolandorte dieser Länder zuerst zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben.

Der Schwerpunkt der Rolandforschung liegt heute auf dem rechts- und stadthistorischen Hintergrund der Rolanderrichtungen. Von den insgesamt 57 nachgewiesenen, ursprünglichen Rolandsäulen sind immerhin noch 37 Rolande erhalten bzw. wieder aufgerichtet und 20 untergegangen. Allein in Deutschland befinden sich 27 erhaltene bzw. wieder aufgerichtete Rolande. Weitere erhaltene befinden sich z. B. in Prag, Dubrovnik und Riga. In den heutigen Ländern Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg befinden sich 22 der 37 erhaltenen Rolande. Bei der Neuverzeichnung der Akten der königlichen Kammergerichts ergab sich aktenkundig, dass die sächsischen Städte im 15. Jahrhundert gegenüber dem König den Anspruch erhoben, Freiheit und Gnade von Kaiser Otto dem Großen und anderen Kaisern und Königen zu haben und dass Prozesse gegen sie nur vor dem königlichen Hofgericht, nicht aber dem königlichen Kammergericht geführt können. Sind die sächsischen Rolande ein Symbol dieses Rechtszuges als Leibzeichen aus Stein?

Dr. Dieter Pötschke
Rolandnetzwerk und
Leiter der Fachkommission Rechtsgeschichte
im Harzverein für Geschichte und Altertumskunde

Wir haben Ihnen eine Liste der nachgewiesenen Roland bereitgestellt: