Station 7: Grünes Klassenzimmer
Der Pfändegraben
Vor der Bebauung des Pannegrabens, wie der Pfändegraben einst genannt wurde, war der Bereich vor der Stadtmauer mit zwei Gräben gesichert. Dies waren der innere Graben, der auch als Zimmerer Graben bezeichnet wurde und der äußere Graben, auch bekannt als Mühlgraben. Dazwischen befand sich der Stadtwall, später als Fürstenwall betitelt. Ab Mitte der 1850er Jahre bis August 1922 wurde der heutige Pfändegraben als Fürstenwall bezeichnet. (Kurt Körner) Dieser Begriff entstand vermutlich aus einer alten Flurstücksbezeichnung. (Dr. Mar Pahncke) Auch der heute verwendete Name Pfändegraben hat einen historischen Hintergrund. Aus dem „Holzland-ostfälischen“ lässt sich der Begriff pannen mit pfänden übersetzen und der Pannenmann als Pfändemann oder auch Feldhüter. (Kurt Körner) Der Bereich zwischen Stadtmauer und innerem Graben wurde vor der Bebauung als Obst- und Gemüsegarten genutzt. Um möglichen Erntedieben Einhalt zu gebieten, wurde ein Feldhüter, auch Pannemann genannt, eingesetzt. Dieser bewohnte ein Häuschen am Pfändegraben. Erwischte der Feldhüter einen Dieb, pfändete er das gestohlene Gemüse. (Karl Stuhlmann, Hugo Zernial)
In den Jahren 1872 und 1873 entstanden die Eisenbahnverbindungen nach Magdeburg und Oebisfelde. Dies schaffte die Voraussetzung für das Wachstum der Industrie in Haldensleben und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Nun wurde der Platz innerhalb der Stadtmauer für die vielen Stadtbewohner jedoch zu eng. In den darauffolgenden Jahren wurde entschieden, die Gräben in diesem Bereich einzuebnen. Die Lösung dafür war sehr pragmatisch. Ein Schild mit der Aufschrift „Schuttabladeplatz“ veranlasste jedermann die Senken zu verfüllen. Im Anschluss wurde das Schild wieder entfernt und alles eingeebnet. (Der Mitteldeutsche, Nr. 160, 12.06.1944) Im 19. Jhd. entstanden dann die Wohnhäuser und Straße am Pfändegraben. Das heutige Gebäude des Kreis- und Stadtarchiv, früher Hospital, wurde bereits 1871 eingeweiht und gehört zur Bülstringer Straße. Bleibt nur noch die Frage, was es mit dem ominösen Sockel gegenüber der Hausnummer Pfändegraben 8, der einst zu einem Denkmal gehörte, auf sich hat. 1897 wurde auf dem Postplatz ein Denkmal zu Ehren von Kaiser Wilhelm I. aufgestellt. Es trug die Inschriften „Zur Erinnerung an die Feldzüge 1864. 1866. 1870/71.“ sowie „Errichtet an dem hundertsten Geburtstage Wilhelms I. 22. März 1897“. 1936 wurde es dann zum Pfändegraben versetzt. Wohin es den Kaiser im Strudel der Zeit verschlagen hat, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Geblieben ist bis heute jedoch sein Sockel.
Im Jahr 2005 erfolgte die nächste große Veränderung für den Pfändegraben. Eine Vielzahl von Linden war erkrankt und die Standsicherheit der Bäume konnte nicht mehr gewährleistet werden. Sie mussten daher gefällt werden. An Stelle der alten Bäume wurden jedoch wieder neue Linden (2005 und 2015) gepflanzt, so dass sich uns auch heute wieder das Bild einer wunderschönen Allee bietet. (Volksstimme, 2005)
Der heutige Pfändegraben im Lauf der Zeit...
Gebietsfremde Arten
Der Silber-Ahorn am Pfändegraben ist ursprünglich in Nordamerika beheimatet. In Europa wird dieser Baum vorrangig in Gärten, Parks und entlang von Straßen angepflanzt. Tier- und Pflanzenarten, die natürlich nicht in Deutschland vorkommen, werden als gebietsfremde Arten bezeichnet. Man unterscheidet dabei zwischen Neozoen für die Fauna, Neophyten für die Flora und Neomyceten für Pilze. Mit dem Beginn des Ackerbaus wurden bereits die ersten Pflanzen eingeführt, welche heute als Archäobiota bezeichnet werden. Mit der Entdeckung des amerikanischen Kontinentes 1492 und dem daraus resultierenden vermehrten transkontinentalen Handel werden die eingebrachten Arten als Neobiota bezeichnet. Unterschieden wird an dieser Stelle, ob es sich um unbeständige oder etablierte Arten handelt. Unbeständige Arten sind häufig nur sehr lokal und zeitlich begrenzt anzutreffen. Die Ansprüche etablierter Arten stimmen dagegen mit den neuen Standortbedingungen überein, so dass ihnen bereits über Generationen eine Vermehrung möglich war. Aufgrund weltweiter Beobachtungen konnte die s.g. „Zehner-Regel“ abgeleitet werden. Demnach halten sich 10 % der eingeführten oder eingeschleppten Arten unbeständig, 10 % davon etablieren sich und 10 % der etablierten Arten erweisen sich als invasiv und damit aufgrund ihrer ökologischen Auswirkungen als unerwünscht. Viele eingeschleppte Arten wurden durch den Menschen wissentlich eingeführt. Vor allem Nutz- und Zierpflanzen wie die Rot-Eiche, aber auch Tiere wie der Waschbär sind beabsichtigt eingeführt worden. Häufig erfolgte die Einfuhr jedoch unbeabsichtigt über die Handelswege beispielsweise durch die Verschleppung von Pflanzensamen oder im Ballastwasser von Schiffen. Insbesondere die invasiven Arten erweisen sich für unsere heimischen Ökosysteme als problematisch, da sie vorhandene Lebensgemeinschaften und Biotope gefährden oder auch eine Gefährdung für den Menschen darstellen. (Bundesamt für Naturschutz) Als Beispiel kann hier der Riesen-Bärenklau genannt werden. Dieser wurde einst als Zierpflanze für Parkanlagen aus dem Kaukasus eingeführt und hat sich dann in ganz Deutschland ausgebreitet. Aufgrund seines schnellen Wuchses, des Wurzelsystems und der erreichten Höhe bis zu 3 m sorgt diese Pflanze für Sichtbeschränkungen, Erosionen und verdrängt heimische Arten. Erschwerend kommt hinzu, dass Riesen-Bärenklau für den Menschen sehr giftig ist und bereits Berührungen ungemein schmerzhaft sind. (Mein schöner Garten)
Um das weitere invasive Eindringen gebietsfremder Arten zu unterbinden sind diverse Maßnahmen anwendbar:
1. Vorsorge
Sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich muss bewusster mit gebietsfremden Arten umgegangen werden. Dies bedeutet die Bevorzugung heimischer Arten und eine Unterbindung der Ausbreitung, z.B. durch Verschleppung von Samen.
2. Monitoring, Früherkennung und Sofortmaßnahmen
Die Beobachtung der Bestandsentwicklung stellt nach § 40 Bundesnaturschutz die Grundlage für eventuelle rechtzeitige Kontroll- oder Bekämpfungsmaßnahmen dar. Das frühzeitige Erkennen invasiver Arten ermöglicht zügige Sofortmaßnahmen zur Beseitigung.
3. Akzeptanz, Kontrolle und Beseitigung
Viele der eingeschleppten Arten in Deutschland haben sich derartig in unsere Ökosysteme integriert, dass eine Entfernung nicht mehr möglich ist. Lediglich in problematischen Fällen wie beim Riesen-Bärenklau ist nach vorheriger Prüfung eine Beseitigung anzustreben. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass die Maßnahmen in Einklang mit den Standortbedingungen stehen, die Vermittelbarkeit der Maßnahmen in der Öffentlichkeit gewährleistet ist, adäquate Mittel zur Beseitigung zur Verfügung stehen und auch Erfolge zu verzeichnen sind. (Bundesamt für Naturschutz)
Das Leben und Sterben eines Baumes
Bäume besitzen einen hohen Wert für unsere Ökosysteme. Sie prägen das Orts- und Landschaftsbild, sie verwandeln das schädliche Treibhausgas CO2 in lebenswichtigen Sauerstoff, wirken als Luftreiniger und sind Lebensraum für eine Vielzahl von Lebewesen.
Dieser Lebensraum verändert sich jedoch auch mit dem Alter des Baumes.
Das Alter von Bäumen lässt sich in drei Phasen einteilen. Zur Entwicklungsphase eines Baumes zählt die Zeit von der Keimung des Baumes bis zum Jungstadium und ist durch eine hohe Wachstumsrate und Vitalität (Lebenskraft) gekennzeichnet. In der Reifephase hat der Baum seine optimale Größe und maximale Blütenproduktion erreicht. Das Wachstum des Baumes verläuft sehr gleichförmig. Es treten aber bereits erste kleinere Schäden wie Löcher, Totäste oder Risse auf. Dies bietet Insekten und Pilzen die Möglichkeit den Baum zu besiedeln. In der Altersphase eines Baumes nehmen die Vitalität und damit auch das Wachstum eines Baumes ab. Anfangs wird die Krone lichter und die Versorgung des Baumes mit Wasser und Nährstoffen beschränkt sich auf den inneren Kronenteil. Die absterbenden oder schon abgestorbenen Bereiche des Baumes werden weiter von Pilzen und Insekten besiedelt, welche auch das Holz abbauen. Mit der Verkleinerung der Krone wird auch der Stamm des Baumes nicht mehr vollständig versorgt, so dass auch dieser nach und nach abstirbt. Gerade die letzte Phase eines Baumes kann auf Grund eines neuen Gleichgewichtes zwischen Stamm und Blattwerk sehr lang anhalten. Zugleich ist ein alter Baum mit seinen Höhlungen, Totästen und Rissen Lebensraum für diverse Tier- und Pilzarten. Sobald der Stamm durch die Zersetzungsprozesse instabil geworden und die Krone eingebrochen ist, wird er von den verschiedensten Organismen (Tier, Pilze, Bakterien) zersetzt und dem Nährstoffkreislauf wieder zugeführt. (Naturschutz und Denkmalpflege in historischen Parkanlagen)
Quellen
Kurt Körner, haldensleber Straßennamen, Geschichtswerkstatt der Kreisvolkshochschule
Dr. Mar Pahncke, Allerlei Kund von der alten Stadt Haldensleben, 1924
Karl Stuhlmann, Heimatgeschichte der Stadt Haldensleben, 1939
Hugo Zernial, Aus der alten Stadt, Neuhaldensleber Erinnerungsbilder aus den 30er, 40er und 50er Jahren des 19. Jahrhunderts, 1902
Der Mitteldeutsche, Nr. 160, 12.06.1944
Volksstimme, Dezember 2005
Bundesamt für Naturschutz, Gebietsfremde und invasive arten in Deutschland, verfügbar unter https://neobiota.bfn.de/grundlagen/oekologische-grundlagen.html, abgerufen am 18.07.2018
Mein Schöner Garten, Riesen-Bärenklau, verfügbar unter https://www.mein-schoener-garten.de/pflanzen/herkulesstaude-baerenklau/riesenbaerenklau-herkulesstaude-heracleum-mantegazzianum, abgerufen am 18.07.2018
Naturschutz und Denkmalpflege in historischen Parkanlagen, verfügbar unter https://naturschutz-und-denkmalpflege.projekte.tu-berlin.de/pages/leitfaden-biotopholz/altbaeume-als-lebensraum/lebensphasen.php, abgerufen am 19.07.2018
gefördert durch: