StadtGrün naturnah
Haldensleben strebt nach mehr biologischer Vielfalt
Bäume, Wiesen, Blumen, Hecken und Sträucher – urbanes Grün macht unsere Städte attraktiver und lebenswerter. Stadtgrün bietet Raum für Naherholung und Entspannung direkt vor der Haustür. Stadtgrün und Stadtnatur verbessert jedoch nicht nur unsere Lebensqualität, sondern erfüllt auch zahlreiche ökologische Funktionen. Es wirkt sich positiv auf das Stadtklima aus, trägt zur Verbesserung der Luftqualität bei und bietet Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen.
Auch die Stadt Haldensleben will sich für mehr biologische Vielfalt engagieren und nahm daher an dem Label-Verfahren „StadtGrün naturnah“ 2021/22 teil. Das Label-Verfahren umfasst einen mehrstufigen Prozess mit dem Ziel, ein ökologisches Grünraummanagement in Haldensleben zu etablieren. Es bietet die Chance sich intensiv mit dem Thema „Biologische Vielfalt“ auseinanderzusetzen, sich ein strukturiertes Bild über die kommunalen Grünräume zu verschaffen und entsprechende Maßnahmen zur Förderung einer artenreichen Stadtnatur zu entwickeln.
Zu Beginn des Label-Verfahrens wurde eine umfangreiche Bestandserfassung durchgeführt. Aus dieser ging hervor, dass in Haldensleben bereits viele bedeutsame Projekte zur Förderung der biologischen Vielfalt und zur Förderung der Umweltbildung umgesetzt wurden. Hierzu zählen z.B. die Anlage von verschiedenen Blühwiesen und Staudenbeeten mit einer regionalen Saatgutmischung sowie größere Projekte wie die Renaturierung des ehemaligen Ohre-Freibads, die Herstellung des Weißen Gartens oder der Naturerlebnispfad.
Anhand der Bestandserfassung konnte im Anschluss ein umfangreicher Maßnahmenplan in den drei Handlungsfeldern „Grünflächenunterhaltung“, „Interaktion mit Bürgerinnen und Bürgern“ sowie „Zielsetzung und Rahmenplanung“ entwickelt werden. Begleitet wurde der Prozess durch eine lokale Arbeitsgruppe bestehend aus lokalen Akteuren. Die Bestandserfassung und der Maßnahmenplan wurden schließlich zu einer Biodiversitätsstrategie zusammengefasst.
Die Biodiversitätsstrategie können Sie hier lesen.
Weiterführende Links zum Label-Verfahren erhalten Sie rechts in der Randspalte oder unter www.stadtguen-naturnah.de.
Zertifizierung "Stadtgrün naturnah" - Haldensleben mit Silber ausgezeichnet
Haldensleben zertifiziert: Mehr Klima- und Artenschutz
Rund 50 Hektar groß ist das Betriebsgelände des größten Haldensleber Unternehmens, dem Warenverteilzentrum von Hermes an der Hamburger Straße. Fast eineinhalbmal so groß sind zusammengerechnet die städtischen Grünflächen, die der Stadthof zu pflegen hat. Das Ganze verteilt sich auf hunderte Splitterflächen vom allerkleinsten Beet über pflegeintensive Spielplätze bis hin zu naturnahen Ohrewiesen.
Doch dieser grüne Schatz bringt nicht nur viel Arbeit mit sich, sondern ist auch ein wichtiges Pfund beim ökologischeren Umbau der Stadt angesichts von Klimawandel und Artensterben.
Die Stadt Haldensleben ist auf dem Weg zu ökologischerem Stadtgrün – und dies wurde nun auch zertifiziert: Bei der Teilnahme am Zertifizierungsprozess „Stadtgrün naturnah“ des Bündnisses "Kommunen für biologische Vielfalt“ erreichte Haldensleben bei der ersten Teilnahme auf Anhieb die Stufe Silber, wie Stephanie Otto, Mitarbeiterin im Bauamt stolz berichten konnte. Neben Wittenberg und Wernigerode ist Haldensleben die einzige weitere Stadt aus Sachsen-Anhalt, die sich auf diesen Weg gemacht hat.
Intensiv hatten unter Federführung des Bauamtes in den letzten Monaten Verwaltung und Vertreter verschiedener, an der ökologischen Entwicklung interessierter Gruppen an einem Konzept gearbeitet, das die Grundlage für die Zertifizierung bildet. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Umgestaltung von besagten Freiflächen: Wo Wildblumen blühen können und verschiedene Gräser wachsen, finden Insekten und andere Kleintiere plötzlich Lebensräume vor, die sterile Rasenflächen nicht bieten. Mit regionalen Saatgutsorten, weniger Mahd und einigen anderen Maßnahmen kann dies erreicht werden. Häufig sind es die kleinen Änderungen, die große Wirkung bringen: So werde der Stadthof nach dem Mähen teilweise das Schnittgut einige Tage auf den Flächen liegen lassen. Dadurch können Samen aus den abgemähten Pflanzen fallen und im nächsten Jahr erneut für blühende Vielfalt sorgen, berichtet Christina Wiegmann Sachgebietsleiterin Grünanlagen beim Stadthof
Für die Haldensleber Bürgerinnen und Bürger geht damit natürlich ein gewisser Umgewöhnungsprozess einher: Eine hochwachsende Wildblumenwiese im öffentlichen Bereich sei eben nicht „ungepflegt“, sondern im Sinne des Klimas und des Artenschutzes gewollt, erklärt Wiegmann. Die Umgestaltung finde natürlich aber da ihre Grenzen, wo die Nutzung eine intensive klassische Pflege erfordere, wie etwa auf den Spielplätzen oder aus Gründen der Verkehrssicherheit.
Drei Jahre hat nun die Stadt Haldensleben Zeit, einen Teil der insgesamt über 50 klima- und artenschutzfreundlichen Maßnahmen umzusetzen, bis die erneute Zertifizierung ansteht. Bei der Auszeichnungsveranstaltung des Bündnisses in Frankfurt wurden aber nicht nur die selbstgesteckten Ziele der Stadt positiv bewertet, sondern auch das, was bislang bereits gut entwickelt ist. So wurde der Naturerlebnispfad mit seinen zwölf spannenden Stationen zum Lernen und Spielen, die Renaturierung des früheren Ohrefreibades und der Rolandgarten als positiv bewertet.
Künftige Schwerpunkte sollen indes der beschriebene Umbau der Grünflächen hin zu mehr Naturnähe und viele Aktionen zur Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger sein. In seiner jüngsten Sitzung fand das Konzept bereits breite Zustimmung im Stadtrat. Die so genannte „Biodiversitätsstrategie“ wurde mit klarer Mehrheit angenommen. Eines der ersten Projekte, die als nächstes begonnen werden, soll die Anlage einer Wildobstwiese nahe der Ohre sein: Der ökologische Umbau hat begonnen.
Erste und zweite Sitzung der lokalen Arbeitsgruppe
Zu Beginn des Label-Verfahrens wurde die lokale Arbeitsgruppe (LAG) gegründet. Die LAG besteht aus lokalen Akteuren, die das Label-Verfahren begleitet haben. Die Auftaktveranstaltung fand am 30.11.2021 statt. Hier wurde die in der ersten Phase des Label-Verfahrens erarbeitete Bestandserfassung, welche zum 31.10.2021 beim Projektbüro eingereicht wurde, vorgestellt und diskutiert. In der zweiten Hälfte der Veranstaltung wurden im Rahmen eines Workshops Maßnahmen zu den drei Handlungs-feldern „Grünflächenunterhaltung“, „Interaktion mit Bürgerinnen und Bürgern“ sowie „Zielsetzung und Rahmenplanung“ zusammen mit der LAG entwickelt. Anschließend wurde der Maßnahmenplan in der zweiten Phase des Label-Verfahrens erarbeitet, wobei ein großer Teil der im Workshop entwickelten Maßnahmen eingeflossen sind. Am 07.04.2022 fand die zweite Sitzung der LAG unter Beteiligung der Öffentlichkeit statt. In dieser Sitzung wurden der erste Entwurf des Maßnahmenplans sowie die Leitziele vorgestellt. Die Ergebnisse der zweiten LAG-Sitzung flossen in die Überarbeitung des Maßnahmenplans ein.
Was bedeutet eigentlich biologische Vielfalt?
Biologische Vielfalt oder Biodiversität wird definiert als „Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, (…); dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme“ (Quelle: United Nations: Convention on biological diversity (CBD), Rio de Janeiro on 5 June 1992 https://www.cbd.int/doc/legal/cbd-en.pdf). Also der Begriff steht nicht nur für Artenvielfalt, sondern auch für die Vielfalt der Lebensräume und die Vielfalt der vorhandenen genetischen Ressourcen, die das Überleben und das Anpassen von Arten absichern.
Was ist eigentlich Stadtgrün?
Stadtgrün umfasst alle Formen grüner Freiräume und begrünter Gebäude. Zu den Grünflächen zählen u.a. Parkanlagen, Friedhöfe, Kleingärten, Brachflächen, Spielplätze, Sportflächen, Straßengrün, Siedlungsgrün, Wald usw. Auch private Gärten und landwirtschaftliche Nutzflächen sind ein wesentlicher Teil des Grüns in den Städten. Bauwerksgrün mit Fassaden- und Dachgrün, Innenraumbegrünung sowie Pflanzen an und auf Infrastruktureinrichtungen gehören ebenfalls dazu.
Warum ist urbanes Grün so wichtig?
Urbane Grünflächen stellen heute einen notwendigen Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten dar. Durch die extensiv und sich dynamisch verändernde Nutzung bieten Parkt, Biotope, Stadtwälder oder Brachflächen Chancen für einen großen Artenreichtum. Verschiedene Studien zeigen, dass Städte im Vergleich zur Landschaft außerhalb des Siedlungsbereiches bereits ein höheres Artenspektrum aufzeigen. Dies ist vor allem mit der zunehmenden Intensivierung der umgebenden Flächen zu begründen. Auf urbanen Freiflächen finden heimische Arten, wie Mauersegler, Fledermäuse oder Igel einen Lebensraum. Aufgrund der vorteilhaften Standortbedingungen, wie Wärme und Trockenheit, siedeln sich auch gebietsfremde Arten an. Insbesondere Brachflächen sind als Lebensraum für spontan auftretende Tier- und Pflanzenarten von entscheidender Bedeutung und tragen in besonderer Art und Weise zur biologischen Vielfalt im urbanen Raum bei. Es gilt: je besser die Stadt durchgrünt ist, desto höher ist auch der Anteil heimischer Arten und Arten mit besonderen Habitatansprüchen.
Aber nicht nur Tiere und Pflanzen profitieren von urbanen Naturräumen. Im Siedlungsbereich fördern Parks und Grünanlagen die Erholung und Gesundheit, ermöglichen Begegnungen und Teilhabe und schaffen Gestaltungsräume für alle Stadtbewohner. Stadtgrün trägt ebenfalls zur Naturerfahrung und Umweltbildung von Kindern bei. Zudem fördert es ein gesundes Klima und filtert Luftschadstoffe, dient der Grundwasserneubildung und dem Schutz der Stadtböden. Urbanes Grün bringt auch ökonomische Vorteile. Städte sind Lebens- und Wirtschaftsräume. Eine Grüne Infrastruktur leistet einen direkten und indirekten Beitrag zur Wertschöpfung der Kommune. Zum einen profitiert beispielsweise der städtische Tourismus und das lokale Gewerbe und zum anderem wirken sich Grünflächen als Standortfaktor positiv über die Wahl des Wohn- und Arbeitsortes aus.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass biologische Vielfalt ein Querschnittsthema darstellt. Es zeigt, dass nahezu alle Lebensbereiche direkt oder indirekt beeinflusst werden. Durch die sogenannte Grüne Infrastruktur werden soziale, ökologische und ökonomische Aspekte miteinander vereint und somit zur wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Entwicklung einer Kommune beiträgt.
Mehr Infos über den Wert des urbanen Grüns können Sie hier nachlesen.